rga-Artikel vom 29.07.2020 — von Frank Michalczak
Die Wählergemeinschaft in Remscheid (WiR) gewährte Einblicke in ihre Gedankenwelt vor der Kommunalwahl am 13. September, wie es Ratsmitglied Thomas Brützel formulierte. Gemeinsam mit dem OB-Kandidaten Roland Kirchner und seiner Ratskollegin Waltraud Bodenstedt stellte er am Dienstag die politischen Ziele vor, die WiR anstrebt. Dabei müsse es um das finanziell Machbare gehen. „Denn was wir versprechen, möchten wir auch halten“, erklärt Brützel. Hier ein Überblick über die Positionen der WiR, die von ihrem Selbstverständnis her für Unabhängigkeit und Bürgernähe abseits parteipolitischer Interessen steht.
Senkung der Grundsteuer B
Aus Sicht der WiR muss die Erhöhung der Grundsteuer B aus dem Jahr 2014 vollständig zurückgenommen werden, die Besitzer von Wohnhäusern und Eigentumswohnungen zu zahlen haben. Vor sechs Jahren beschloss der Stadtrat, die Grundsteuer von 600 auf 786 Punkte anzuheben, um eine Finanzlücke im Haushalt zu schließen. Die Berechnungsgrundlage ist zwar mittlerweile wieder auf 620 Punkte gesunken. „Aber eben nicht auf den ursprünglichen Satz“, erläuterte Waltraud Bodenstedt. Die WiR will dies mit einer „DOC-Dividende“ finanzieren. Mehreinnahmen durch das DOC sollen zur Senkung der Steuer dienen.
Kostenfreier ÖPNV
Schrittweise soll der Busverkehr in Remscheid gratis werden, erklärte OB-Kandidat Roland Kirchner. Es dürfe nicht sein, dass die Autofahrt zum Shoppen in die Innenstadt günstiger ist als ein ÖPNV-Ticket – dies mache aus Umweltgesichtspunkten keinen Sinn. Dass Gratistarife möglich seien, beweise das Vorbild der Stadt Monheim, die allerdings ganz andere finanzielle Spielräume habe. In Remscheid könne die Allgemeinheit dafür aufkommen – zum Beispiel über die Grundsteuer B. Eine weitere Forderung der WiR: Direktverbindung mit dem Zug nach Köln, möglicherweise über die frühere Balkantrasse.
Tourismuskonzept
Hier sieht die WiR akuten Handlungsbedarf. „Denken Sie zum Beispiel an das DOC. Gutachter haben aufgezeigt, dass 10 000 Kunden täglich kommen. Und wenn auch nur 1000 die Umgebung besichtigen wollen – wo sollen die denn hin, wo sollen sie übernachten?“, warf Kirchner unter anderem die Frage auf, wie die Lenneper Altstadt die Besucherströme verkraften könne. Aber: Der Bogen müsse noch viel weiter gespannt werden – etwa zum Marketing für das Deutsche Werkzeugmuseum oder dem Röntgen-Museum. Zudem nimmt die WiR den Radverkehr ins Visier, der an das überregionale Wegenetz angebunden werden solle.
Gewerbegebiet Gleisdreieck
Um Unternehmen Raum zu bieten, befürwortet WiR ein Gewerbegebiet am Gleisdreieck in Bergisch Born – allerdings mit Einschränkung. „So wie sich die Verkehrsführung jetzt darstellt, gibt es kein Gewerbegebiet – jedenfalls nicht mit unseren Stimmen“, erklärte Thomas Brützel, der eine Erschließung „in Richtung Wermelskirchen“ ins Gespräch bringt. Schon jetzt nähere sich die Verkehrsbelastung in Bergisch Born dem Kollaps. Es müsse ein schlüssiges Konzept her – mit oder ohne Umgehungsstraße B 51n. Roland Kirchner erinnerte daran, dass die Flächen für Gewerbe in Remscheid endlich seien: „Gleisdreieck, Erdbeerfelder in Bergisch Born und irgendwann Blume. Das war‘s.“ Umso wichtig sei es, beim Grundstücksverkauf auf die Qualität der Unternehmen zu achten, die möglichst viele Arbeitsplätze auf den wertvollen Flächen schaffen sollen.
Sparkassen-Filialnetz
Die WiR tritt dafür ein, dass es beim Filialnetz der Stadtsparkasse keine weitere Ausdünnung erfolgt. „Notfalls müssen wir das per Satzung regeln“, deutete Waltraud Bodenstedt einen entsprechenden Vorstoß im Stadtrat an. Die letzte „Schließungsrunde“ sei aus Sicht der WiR frustrierend verlaufen
Hintergrund
Die Wählergemeinschaft WiR erzielte 2014 bei den Wahlen zum Stadtrat 4,5 Prozent ist seither mit zwei Sitzen in dem 53-köpfigen Gremium vertreten. Ihre weiteren Forderungen: Die freie Kunstszene in Remscheid müsse ein selbstorganisiertes Kulturbüro erhalten, das die Stadt finanziert. Remscheid soll ein Gründerzentrum erhalten, um Jungunternehmern Starthilfe zu bieten. Und: Durch mehr Tempo bei der Digitalisierung, etwa im Bausektor, soll die Verwaltung effizienter arbeiten und bürgerfreundlicher werden.