Bergische Morgenpost vom 29.08.2020
Beschlossen wurde es im vergangenen Herbst noch in großer Eintracht. Die praktische Umsetzung des von einem externen Büro erstellten Radverkehrskonzeptes durch die Stadtverwaltung aber stößt in der Politik nicht auf ungeteilte Begeisterung.
Von Henning Röser
Waltraud Bodenstedt (Wählergemeinschaft in Remscheid) kritisierte am Donnerstagabend in der Sitzung des Hauptausschusses, dass die Stadt ohne Rücksprache mit der Politik an der Salem- und Peterstraße Radspuren angelegt hat, die im Konzept gar nicht enthalten sind. Solche Alleingänge seien nicht in Ordnung.
Auch über die für die nächsten Wochen geplante Aufbringung eines Fahrradschutzstreifens in Bergisch Born will die W.i.R. noch mal diskutieren. Sie sieht durch den geplanten gleichzeitigen Wegfall des Parkstreifens „ein besonderes Gefährdungsrisiko“ durch die erwartete Zunahme des Schwerlastverkehrs an dieser Stelle.
Noch weniger Verständnis hat die W.i.R. für die beiden geplanten Umweltspuren im Bereich des Zentralpunktes, die nur für Busse und Fahrräder freigegeben werden sollen. Hier sei Chaos vorprogrammiert, weil im Berufsverkehr die Zufahrt etwa zur Firma Vaillant damit deutlich erschwert werde. Ob die Mitarbeiter künftig eine Rikscha oder einen Hubschrauber nehmen müssten, um zur Arbeit zu kommen, wollte Bodenstedt wissen. Als Konsequenz aus diesen Entwicklungen fordert die W.i.R., dass die Stadt der Politik einen Plan vorlegt, in dem jene Projekte aus dem sehr umfangreichen Konzept aufgelistet sind, die sie in den nächsten Monaten umsetzen möchte.
David Schichel (Grüne), dessen Partei sich für die Erarbeitung des Radverkehrskonzeptes starkgemacht hat, zeigte kein Verständnis für diese Herangehensweise. Er erinnerte daran, dass die W.i.R. das Konzept mit beschlossen habe. Wenn jetzt jeder Schutzstreifen der Politik noch mal zur Abstimmung vorgelegt werden solle, „kommen wir nicht zu Potte“. Mit ihrer Kritik zeige die Wählergemeinschaft, „dass sie sich aus dem Thema verabschiedet“ habe. Eine erneute Diskussion über die Schutzstreifen in Bergisch Born sei „genau das Klein-Klein, das ich befürchtet habe“. Wolf Lüttinger (FDP) stimmte der W.i.R. bei der Kritik an der Umweltspur zu. Sollte sie wie vorgeschlagen umgesetzt werden, wären zwei Kilometer Rückstau auf der Burger Straße die Folge. Das könne nicht ernsthaft das Ziel der Verwaltung sein.
Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz (SPD) erinnerte daran, dass er die Vorlage zu den beiden Umweltspuren auf der Burger und der Lenneper Straße noch vor der Beratung in der zuständigen Bezirksvertretung Süd zurückgezogen habe. Sie stehe also erst einmal gar nicht zur Abstimmung. Baudezernent Peter Heinze verteidigte das Vorgehen seiner Abteilung. Die Umsetzung des Radverkehrskonzeptes sei in vielen Bereichen „laufendes Geschäft der Verwaltung“. Nicht über jeden Schutzstreifen müsse noch mal abgestimmt werden.
Burkhard Mast-Weisz regte an, dass nur große Maßnahmen vor dem Start noch mal in die große politische Beratung gehen sollen. Lediglich in den Bezirksvertretungen könnten Projekte noch mal vorgestellt werden. Die Stadtteil-Parlamente könnten als „Notbremse“ dienen. Ob es in Bergisch Born zu einer Notbremsung kommt, soll bei einer Sondersitzung entschieden werden.