Adieu, Poli­tik: Die Wäh­ler­ge­mein­schaft WiR ver­schwin­det aus dem Stadtrat

rga vom 07.07.2025

Rem­scheid. Wenn die Rem­schei­de­rin­nen und Rem­schei­der am 14. Sep­tem­ber ihr Kreuz­chen auf dem Wahl­zet­tel machen, wird eine Grup­pie­rung feh­len: Die Wäh­ler­ge­mein­schaft Wir in Rem­scheid (WiR) tritt für den neu­en Stadt­rat nicht mehr an. Das vor­läu­fi­ge Aus nach 25 Jah­ren mar­kiert einen Wen­de­punkt in der Geschich­te der Initia­ti­ve, deren Anspruch es stets war, unab­hän­gi­ge Poli­tik von Bür­gern für Bür­ger zu betreiben.

Mit­glie­der­su­che: Kam­pa­gne ging ins Leere

Zu dem Rück­zug bezo­gen am Mon­tag die Rats­mit­glie­der Wal­traud Boden­stedt und Tho­mas Brüt­zel sowie Ina Gar­weg und Roland Kirch­ner Stel­lung. Ihre Begrün­dung: „Um es kurz und knapp zu for­mu­lie­ren: Uns feh­len schlicht die Mit­strei­ter“, erklär­te Kirchner.

Eine Kam­pa­gne auf Pla­ka­ten und in den sozia­len Medi­en, die in den ver­gan­ge­nen Mona­ten dazu füh­ren soll­te, neue Gesich­ter zu gewin­nen, sei ins Lee­re gelau­fen. „Das mag auch dar­an lie­gen, dass wir als poli­ti­sche Kraft nicht mehr wahr­ge­nom­men wur­den. Uns ging es nicht dar­um, in die Schlag­zei­len zu kom­men, son­dern um kon­struk­ti­ve Arbeit für Rem­scheid. Viel­leicht sind wir dadurch aus der Zeit gefal­len“, sag­te Wal­traud Boden­stedt, die nach 21 Jah­ren im Stadt-Par­la­ment aufhört

Wal­traud Boden­stedt nimmt Senio­ren­rat ins Visier

Für ein ande­res Gre­mi­um will sie aber kan­di­die­ren: für den Senio­ren­rat, der eben­falls am 14. Sep­tem­ber gewählt wird und der die Inter­es­sen der älte­ren Rem­schei­der ver­tritt. Und: Als ein­ge­tra­ge­ner Ver­ein bleibt die Wäh­ler­ge­mein­schaft vor­erst erhal­ten. Aktu­ell hat sie zwei Ratsmitglieder.

Zum Teil sei es ent­täu­schend gewe­sen, dass die WiR mit ihren Vor­stö­ßen kei­ne Chan­ce auf eine Mehr­heit hat­te. „Abge­schmet­tert“ wor­den sei zum Bei­spiel die Idee einer Stadt­bahn, bei der Tei­le des Bus­ver­kehrs auf die Schie­ne gesetzt wer­den sollten.

Zuwei­len muss­ten sie sich ärgern

Dass die Inter­es­sen von Unter­neh­men beim Umbau der Frei­heitstra­ße kaum beach­tet wer­den, ärgert Wal­traud Boden­stedt eben­falls. „Rem­scheid ist eine Indus­trie­stadt. Das muss sich doch im Mobi­li­täts­kon­zept wider­spie­geln“, erklär­te sie mit Blick auf die Beschlüs­se, die von der Rats­mehr­heit aus SPD, Grü­nen und FDP gefasst wurden.

Unter deren Regie sei in den ver­gan­ge­nen Jah­ren so gut wie nichts gesche­hen. „Die­se Legis­la­tur­pe­ri­ode wird nur durch die neu­en Rad­strei­fen an den Stra­ßen­rän­dern in die Geschich­te ein­ge­hen“, befand Roland Kirchner.

Den­noch: Immer wie­der sei es der WiR gelun­gen, einen gewis­sen Ein­fluss gel­tend zu machen. „Zum Bei­spiel wur­den die Ver­trä­ge mit dem Inves­tor für die geplan­te Flücht­lings­un­ter­kunft am Lüttring­hau­ser Bahn­hof nach unse­ren Hin­wei­sen geän­dert“, blick­te Wal­traud Boden­stedt zurück. Auch bei die­sem The­ma habe sich die Wäh­ler­ge­mein­schaft als Anwalt der Anwoh­ner verstanden.

Zeit­in­ten­si­ves Hob­by: Kommunalpolitik

Wie so häu­fig habe dies aber nicht dazu geführt, dass Inter­es­se für ein Enga­ge­ment bei der WiR geweckt wur­de, die als Ver­ein gera­de noch 17 Mit­glie­der zählt. „Wir hät­ten es viel­leicht noch geschafft, sämt­li­che Wahl­be­zir­ke zu beset­zen“, stell­te Tho­mas Brüt­zel fest. Aber: Eine Garan­tie, dass dar­un­ter die poli­ti­sche Arbeit nicht lei­den könn­te, sei das nicht.

Die­se sei vor allem eines: zeit­auf­wen­dig. Das gilt vor allem für das Lesen unzäh­li­ger Vor­la­gen mit Zah­len, Daten und Fak­ten aus dem Rat­haus, die Wal­traud Boden­stedt immer wie­der kri­tisch hin­ter­frag­te und dar­in Wider­sprü­che auf­deck­te. „Frus­trie­rend ist, dass dies jetzt im Rat feh­len wird“, merk­te Ina Gar­weg an.

Grund­sätz­lich gebe es ande­re Mög­lich­kei­ten, sich zum Woh­le Rem­scheids zu enga­gie­ren, füg­te Roland Kirch­ner hin­zu: „Bür­ger­be­geh­ren zum Bei­spiel oder Anwoh­ner­an­trä­ge. Auch dar­auf könn­ten wir uns künf­tig konzentrieren.“

So bedeu­tet das Ende der Rats­ar­beit nicht das Ende des Ein­sat­zes für Rem­scheid. Denn das Inter­es­se dar­an, wie es mit der Stadt wei­ter­geht, scheint bei den vier Orts­po­li­ti­kern unge­bro­chen. Kein Wun­der nach all den Jahren.